VÖPE in Die Presse am Do, 26.08.2021 zum Thema: Kann den Bauen Sünde sein?

Mit einer Gesetzesänderung will Rot-Pink gegen "Bausünden" vorgehen. GF der VÖPE, DI Sebastian Beiglböck spricht seine Verwunderung gegenüber Kampfbegriffen wie "Bausünden" und "übermassive Neubauten" aus. Die Mitglieder der VÖPE verstehen sich als "Partner der öffentlichen Hand" beim flächensparenden Bauen.

Kann denn Bauen Sünde sein?

Wien. Mit einer Gesetzesänderung will Rot-Pink gegen “Bausünden” vorgehen. Einschränkungen soll es bei Fläche, Abstandsregeln und Gebäudehöhe geben.

(VON MARLENE AIGNER)
Wien. Nirgends wird in Europa so viel gebaut wie in Österreich – das stellte erst kürzlich die Unternehmensberatung Deloitte fest. Es verwundert nicht, dass der Bauboom in der stetig wachsenden Bundeshauptstadt Wien besonders deutlich zu sehen ist.
Die rot-pinke Stadtregierung hat nun eine Novelle der Wiener Bauordnung angekündigt. Die Bauordnung bildet den gesetzlichen Rahmen für Bebauungsmöglichkeiten. Der Hintergrund: Gewerbliche Bauträger hätten in Gartensiedlungsgebieten und Einfamilienhaussiedlungen “übermassive Neubauten” errichtet und dabei “die Wohnnutzfläche bis zum gesetzlichen Maximum ausgereizt”, heißt es in einer Aussendung von Vizebürgermeistern und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál sowie der Wohnbausprecherin der Wiener Neos, Selma Arapovic.

Kritik an ” Kampfbegriffen”

Laut Rot-Pink sei die Folge dieser Bauten, dass sich das herkömmliche Stadtbild verändere. Eigentlich waren die zumeist als Bauklasse I gewidmeten Siedlungsflächen nämlich für andere Zwecke gedacht. Für maßvolle Erweiterungen innerhalb des Familienverbandes”, erklärt Salma Arapovic in der Aussendung.
Bisher durfte dabei im Sinne eines konformen Stadtbildes in dieser Bauklasse die bebaute Fläche 470 Quadratmeter pro Gebäude nicht übersteigen. Künftig wird diese Fläche nun auf 350 Quadratmeter beschränkt sein.
Auch bei der Abstandsflächenregelung wird es neue Vorschriften geben. Je höher das Gebäude, desto größer müsse der Mindestabstand zur Nachbargrenze sein. In der Bauklasse I soll man konkret bis auf maximal die Hälfte der Gebäudehöhe heranrücken können. Des Weiteren soll es Einschränkungen bei der Firsthöhe und bei Giebelflächen geben. Das Ziel sei, den Charakter von Einfamilienhaus- und Gartensiedlungsgebieten zu erhalten, so Vizebürgermeisterin Gaál.

Sebastian Beiglböck, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (Vöpe), zeigt sich ob der Baunovelle verwundert. Gewerbliche Bauträger halten sich stets an geltende Gesetze.” Die Mitglieder der Vöpe verstünden sich als Partner der öffentlichen Hand” beim flächensparenden Bauen. Kampfbegriffe wie “übermassive Neubauten” seien zumindest wenig sensibel. Zudem sei für die Bauordnung der Gesetzgeber verantwortlich, nicht die Bauträger, so Beiglböck.

Indes wirft die Wiener FPÖ der SPÖ vor, mit der angekündigten Novelle von wahren Problemen abzulenken. Landesparteiobmann Dominik Nepp bezeichnet ein generelles Bauträger-Bashing” als untragbar. Außerdem sei es die SPÖ, die einen mindestens fünf Milliarden Euro schweren Sanierungsstau im Gemeindebau zu verantworten hat”, so Nepp.

Zerstörung historischer Bausubstanz

Seit 2018 ist der Abbruch von Gebäuden, die vor 1945 errichtet wurden, nur noch unter strengen Voraussetzungen möglich. So muss im Besonderen geprüft werden, ob ein öffentliches Interesse am Erhalt des Gebäudes besteht.
An dieser Stelle wird die Novelle ebenfalls ansetzen. Weil ein Abriss in der Regel einen irreversiblen Schaden auslöst, müssen die Folgen abschreckend sein, um Bauführer und Bauherren von der Begehung einer solchen Tat abzuhalten”, heißt es in der Aussendung der Stadt. Der Strafrahmen soll bei vorsätzlichem Handeln daher auf mindestens 20.000 Euro erhöht werden. Die Novelle der Bauordnung ist ein wichtiger Beitrag gegen bauliche Auswüchse”, so Selma Arapovic. Der weitere Fahrplan für das Vorhaben der Koalition: Der Beschluss könnte im Wiener Landtag am 25. November erfolgen- und bereits am Tag nach der Kundmachung auch in Kraft treten.

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