Zum Bericht „Bau-Boom: Immer mehr internationale Investoren in Österreich“ in ORF-Eco

In der gestrigen ORF-Sendung Eco war ein spannender Bericht darüber zu sehen, dass immer mehr institutionelle, auch internationale, Investoren im Wohnbau in Wien investieren. Auch wir können diese Entwicklung grundsätzlich bestätigen, allerdings sollten einige der im Beitrag dargestellten Zusammenhänge hinterfragt werden.

In der gestrigen ORF-Sendung Eco war ein spannender Bericht darüber zu sehen, dass immer mehr institutionelle, auch internationale, Investoren im Wohnbau in Wien investieren. Auch wir können diese Entwicklung grundsätzlich bestätigen, allerdings sollten einige der im Beitrag dargestellten Zusammenhänge hinterfragt werden.

Ursachen des Booms

Der starke Zuzug nach Wien, vor allem in den Jahren 2013-2018, ließ die Nachfrage nach Wohnraum stark steigen. Nicht ohne Grund kündigte die Stadt Wien mehrmals einen Turbo für den Wohnungsneubau an. Spät, aber doch, begann dieser zu zünden: nie wurden so viele Wohnungen in Wien bewilligt und fertiggestellt wie in den letzten drei Jahren. Viele davon waren frei finanzierte Wohnungen, die zu Marktpreisen vermietet werden können. Dieses Segment macht in Wien übrigens nur ca. 11% aus des Gesamtmarktes aus – der Rest sind Gemeinde-, Genossenschafts- und preisregulierte private Altbauwohnungen.

Wirkung des Booms

Selbstverständlich wirkt sich die steigende Nachfrage – vor allem über stark steigende Grundstücks- und zuletzt auch Baukosten – auf die Endkundenpreise im freifinanzierten Sektor aus. Die Preise werden aber andererseits durch steigende Bautätigkeit gedämpft. Ohne frei finanzierten Neubau würden die Preise im Bestand tendenziell noch stärker steigen. Mehr Bautätigkeit bedeutet mehr Kapitalbedarf, und diesen decken vermehrt institutionelle Investoren ab. Sehr oft stecken hinter diesen Kleinanleger und Rentenfonds, die langfristige und risikoarme Veranlagungen suchen – doch keinesfalls spekulative Absichten verfolgen. Im Gegenteil: bei institutionellen Immobilieninvestments geht das geringe Risiko in der Regel auf Kosten der Rendite. Mit Aktien wären zum Beispiel mit höherem Risiko auch höhere Gewinne zu erzielen.

Sind Investoren aus dem Ausland schlechter als andere?

Ausländische Direktinvestitionen steigen in Wien generell stark an. Politikerinnen und Politiker begrüßen das auch – kein Wunder, sind diese doch eine wesentliche Kennzahl für die Attraktivität eines Standortes und sorgen für Wirtschaftswachstum. Warum diese im Immobiliensektor – im Gegensatz z.B. zur Industrie – im Beitrag pauschal kritisch gesehen werden, bleibt unklar.

Leerstand

Das Phänomen, dass Wohnraum als reine Wertanlage gekauft und dem Markt entzogen wird, gibt es vereinzelt im Luxus- oder Zinshaussegment, aber keinesfalls bei Neubauprojekten mit 800 (Miet-)Wohneinheiten, wie dem im Beitrag gezeigten. Die Vermietung sorgt hier für Refinanzierung und ermöglicht erst eine Rendite. Ein Zusammenhang zwischen Leerstand und dem verstärkten Auftreten institutioneller, internationaler Investoren kann daher nicht hergestellt werden.

Bauliche Mängel

Auch die Verknüpfung von baulichen Mängeln, wie im Beitrag gezeigt, und den Eigentumsverhältnissen, ist nicht argumentierbar. Bauliche Mängel sind immer unschön, doch es gibt sie in allen Sektoren, auch im gemeinnützigen Wohnbau und Gemeindebau. Ebenso ist kaum nachvollziehbar, warum es ein Problem sein soll, dass die Mieter im Falle von Mängeln „die Eigentümer nicht erreichen können“. In allen Immobiliensektoren ist die lokale Hausverwaltung der (vom Eigentümer beauftragte) Ansprechpartner.

Was ist die Alternative?

Die wesentliche Frage, die im Beitrag leider gar nicht angesprochen wurde: was wäre die Alternative, um den in den letzten Jahren dringend gebrauchten Neubau zu finanzieren? Woher würden die genannten 11 Milliarden ohne institutionelle Investoren kommen? Würden lokale Anleger, Banken oder Versicherungen, die möglicherweise einspringen könnten, anders agieren? Vermutlich nicht. Nicht umsonst stecken auch hinter 75% der gemeinnützigen Bauträger Banken oder Versicherungen, wie kürzlich für eine Diplomarbeit der TU Wien erhoben wurde. Die halten ihre Anteile übrigens nicht vorrangig wegen der – im gemeinnützigen Sektor geringeren – Rendite, sondern wegen der Buchwerte – „Betongold“ sozusagen…

Sebastian Beiglböck, VÖPE-Geschäftsführer

Beitrag in der ORF-Tvthek sieben Tage abrufbar: https://tvthek.orf.at/profile/Eco/11523082

Die VÖPE ist die gemeinsame Stimme der gewerblichen Immobilienprojektentwickler.

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