VÖPE in Österreichische Immobilien Zeitung am Fr, 17.09.2021 zum Thema: Keine großen Häuser in kleinen Gärten

Die kleine Novelle der Wiener Bauordnung knüpft sich "übermassive" Neubauten in Siedlungen vor. Die VÖPE betont , dass die Verantwortung beim Gesetzgeber zu suchen ist und nicht bei den Bauträgern, wenn die Regelungen der Bauordnung nicht dazu geeignet sind, die Ziele des Landes Wien zu erreichen.

Keine großen Häuser in kleinen Gärten

Die kleine Novelle der Wiener Bauordnung knüpft sich übermassive Neubauten in Siedlungen vor. Beschlossen werden soll sie Ende November.

In den letzten Jahren haben gewerbliche Bauträger zunehmend Einfamilienhaus- und Gartensiedlungsgebiete als Geschäftsfelder entdeckt und auch dort Neubauten errichtet. Dabei wurde in einigen Fällen die Wohnnutzfläche bis zum gesetzlichen Maximum ausgereizt – mit dem Ergebnis von überproportionalen Bauten. Dem treten wir nun mit einer kleinen Novelle der Wiener Bauordnung entgegen.

Künftig wird es sowohl bei der bebauten Fläche als auch der Höhe und dem Volumen des Dachs spürbare Einschränkungen geben. Außerdem werden die Abstandsvorschriften zum Nachbargrundstück strenger geregelt. Unser Ziel ist es, den Charakter von Einfamilienhaus und  Gartensiedlungsgebieten zu erhalten und zu schützen. Darüber hinaus haben wir in der Novelle verschärfte Strafen für Bausünder festgelegt, die etwa wertvolle historische Bausubstanz zerstören”, erklärt Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal.

Etwas verwundert ob dieser rhetorischen und legistischen Kampfansage zeigt sich die Vereinigung Österreichischer Projektentwicklung (VÖPE). Wenn die Regelungen der Bauordnung nicht dazu geeignet sind, die Ziele des Landes Wiens zu erreichen, ist die Verantwortung dafür beim Gesetzgeber zu suchen und nicht bei den gewerblichen Bauträgern”, heißt es aus der Interessenvertretung.

Der vorliegende Begutachtungsentwurf einer kleinen Bauordnungsnovelle umfasst unter anderem:

Beschränkung der bebauten Fläche

Im Sinne einer aufgelockerten Bebauung und zwecks Erhaltung eines einheitlichen Stadtbildes darf grundsätzlich maximal ein Drittel eines Bauplatzes bebaut werden. Zudem darf die bebaute Fläche pro Gebäude in der Bauklasse I aktuell nicht mehr als 470 m2 betragen.

Neu: Um überdimensionalen Gebäuden entgegenzutreten bzw. kleinere Baukörper zu erreichen, soll die bebaute Fläche pro Gebäude künftig mit350 m2 beschränkt werden.

Verschärfung der Abstandsflächenregelung

Wenn in den Bebauungsplänen eine offene Bauweise vorgesehen ist, dann müssen die Gebäude freistehend und unter Einhaltung von gewissen Mindestabständen errichtet werden. Grundsätzlich beträgt dabei der Mindestabstand von der Nachbargrenze in der Bauklasse I sechs Meter, wobei mit einem Teil des Gebäudes auf bis zu drei Meter an die Nachbargrenze herangerückt werden kann.

Neu: Künftig soll diese Möglichkeit, sich der Nachbargrenze weiter anzunähern, von der tatsächlichen Gebäudehöhe abhängig gemacht werden: je höher das Gebäude, desto größer der Mindestabstand bzw. umgekehrt. Konkret soll man in der Bauklasse I bis auf maximal die Hälfte der Gebäudehöhe heranrücken können. Der absolute Mindestabstand von drei Metern soll erhalten bleiben. Diese Regelung gilt sinngemäß auch für die gekuppelte Bauweise, d. h. wenn Gebäude auf zwei benachbarten Bauplätzen aneinandergebaut sind und nach allen anderen Seiten freistehend errichtet werden.

Berücksichtigung von Giebelflächen bei der Ermittlung der Gebäudehöhe

Im Rahmen der Flächenwidmungs-und Bebauungspläne wird die zulässige Gebäudehöhe für einen Bauplatz festgelegt. Die Bauklassen geben dabei den Rahmen vor. Gemessen wird die Gebäudehöhe vom Niveau des angrenzenden Geländes bis zum Schnittpunkt von Außenwand und Dachoberfläche. Giebelflächen zählen grundsätzlich zur Gebäudehöhe dazu. Allerdings bleiben Giebelflächen, die nicht zur Straßenfront gerichtet sind, bis zu einem gewissen Ausmaß außer Betracht und sind nicht auf die Gebäudehöhe anzurechnen. Damit auf diese Weise nicht übermäßige Kubaturen entstehen, soll diese Ausnahme reduziert werden. Aktuell finden 50 m2 pro Giebelfläche bzw. 100 m2 pro Gebäude keine Berücksichtigung bei der Ermittlung der Gebäudehöhe.

Neu: Künftig soll in der Bauklasse I die Ausnahme auf 25 m2 pro Giebelfläche bzw. 50 m2 pro Gebäude halbiert werden. Das soll auch verhindern, dass es durch eine Überdimensionierung von Dachlandschaften zu einer Schluchtenbildung” zwischen den Gebäuden kommt.

Gebäudehöhe II: Einschränkung der Firsthöhe

Von der Gebäudehöhe zu unterscheiden ist die Firsthöhe, das ist der Abstand von der Gebäudehöhe zum obersten Abschluss des Daches. Nach der aktuellen Gesetzeslage kann die Firsthöhe bis zu 7,5 Meter über der zulässigen Gebäudehöhe liegen. Vielfach ist diese Möglichkeit bereits heute im Bebauungsplan weiter beschränkt.

Neu: Im Sinne einer wienweiten Lösung und um überdimensionale Dachbauten zu verhindern, ist nun angedacht, die Firsthöhe in der Bauklasse I generell auf 4,5 Meter zu beschränken. Im Bebauungsplan können im begründeten Einzelfall weiterhin abweichende Festlegungen getroffen werden.

Verschärfte Strafen für Bausünden

Erst im Jahr 2018 wurde der Erhalt von stadtbildprägenden Gebäuden der Gründerzeit und der Zwischenkriegszeit in Wien massiv gestärkt. Ein Abbruch von vor 1945 errichteten Gebäuden ist seither nur noch unter engen Voraussetzungen möglich. So muss insbesondere geprüft werden, ob ein öffentliches Interesse am Erhalt des Gebäudes besteht.

Neu: Vor diesem Hintergrund soll der derzeitige Strafrahmen für ein Zuwiderhandeln beträchtlich erhöht werden. Wer vorsätzlich handelt, soll in jedem Fall eine Strafe von mindestens 20.000 Euro erhalten. Die neue Strafbemessung gilt auch für Übertretungen, durch die eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eintritt.

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